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Eiszeit am Greifswalder Bodden
Fast jedes Jahr wiederholt sich zyklisch und bedingt durch die geneigte Erdachse, der winterliche Temperatursturz. Mal mehr mal weniger ausgeprägt, verwandelt sie das sich ständig bewegende Meer in ein partiell statisches Bild. Der eisige Hauch, der meist aus dem Nordosten weht, friert zuerst die Wellen in den Bodden ein, bevor die Ostsee erstarrt. Doch was sind das eigentlich, diese Bodden?
Die Bodden
Sie sind weder Meeresteil noch Binnengewässer. Eben ein Bodden. Entstanden erst vor ein paar tausend Jahren, wie alles hier oben an der Küste, durch die Überflutung flacher Küstenbereiche. Dadurch kam es an manchen Stellen am Ufer zu Abtragungsprozessen und an anderen zu Landanlagerungsprozessen. Es bildeten sich erst flache Sandhaken, die die flachen Buchten von der Ostsee trennten. Ein Bodden ist entstanden. Sowas passiert aber auch nicht über Nacht, das dauert schon ein paar hunderte bis tausende von Jahren. Eigentlich hört es überhaupt nicht auf. Die Küstenlinie an der südlichen Ostsee ist in ständiger Bewegung. Wir sehen es nur nicht so gut, weil es in großem Umfang und meist sehr langsam passiert. Meist langsam heißt: manchmal auch schnell. Gut sichtbar vor allem bei und nach heftigen Stürmen. Dann sieht man wie das Meer an den Ufern der Küste arbeitet. Und dann verändern sich manche Küstenabschnitte in ein paar Stunden ganz erheblich.
Geringer Salzgehalt und nicht sehr tief
Warum aber frieren nun die Boddengewässer im Winter zuerst zu? Das liegt zum einen daran, dass diese meist recht flach sind. So ist der Greifswalder Bodden im Durchschnitt nur 5,6 Meter tief. Daher auch der Name „Bodden“. Er ist abgeleitet aus dem niederdeutschen Wort „boddem“ was so viel wie „Meeresboden“ bedeutet. Oft zu sehen bekommt man den Boden aber nicht. Boddengewässer sind meist sehr nährstoffreich und deswegen meist recht trüb.
Ein anderer Grund für das schnelle Zufrieren ist, dass die flachen Bodden nicht sonderlich salzig sind. Im Greifswalder Bodden liegt der Salzgehalt bei nur bei 0,3-0,9 %. Zum Vergleich, die Nordsee hat einen Salzgehalt von 3,5 %. Damit kann man schon Nudeln kochen. Mit Boddenwasser schmeckt das nicht so gut.
Der kalte Wintersturm
Ist das küstennahe Wasser noch nicht gefroren, und der Wind peitscht die See auf, entstehen durch die aufgewirbelte Gischt bei Minusgraden beeindruckende Eisgestalten am Küstensaum.
Der Zauber des Eises
Wenn das Eis anfängt sich zu bilden, verändert sich die ganze Gegend. Wo man zuvor noch nasse Füße bekommen hat, kann nun in aller Ruhe eine Pause eingelegt werden. Auf der anderen Seite gilt aber auch: Wo man zuvor noch wunderbar an den Fisch gekommen ist, trennt nun die Eisschicht die Hungrigen über dem Eis von den Fischen unter dem Eis.
Da kann es als Folge schon mal zu dem einen oder anderen konspirativen Treffen an einem eher ungewöhnlichen Ort kommen.
Caspar David Friedrich und das driftende Eis
Kommt es dann mal zu Eisgang im Winter, ist das natürlich ein echtes Naturschauspiel. Schon der Greifswalder Landschaftsmaler Caspar David Friedrich ließ sich von den Eisgebilden, die die Ostsee im Winter aufwirft, zu Bildern inspirieren. In seinem Gemälde „Das Eismeer“ aus den Jahren 1823/1824 zeigt er sich auftürmende Eisschollen. Auf der rechten Seite des Bildes liegt ein gekentertes Segelschiff begraben. Nur noch Teile sind sichtbar.
Ganz so dramatisch geht es natürlich nicht mehr zu am winterlichen Bodden, seit es Schiffe mit Stahlrumpf gibt, aber wenn sich das Eis in Bewegung setzt, entwickelt es eine erstaunliche Kraft. Alles, was im Weg der Schollen steht, sollte entweder sehr nachgiebig oder ausgesprochen stabil sein. Sich bewegendes Eis ist einer der Hauptgründe, weswegen Bootsbesitzer in den hiesigen Breiten im Herbst ihren Kahn aus dem Wasser heben und ihn im Frühjahr wieder in selbiges zurücksetzen. So manches Boot wurde schon von dem gemächlich aber stetig fließendem Eis zerquetscht.
Was bewegt das Eis?
Wie so oft an der Ostsee ist alles eine Frage des Windes. Natürlich auch die Eisdrift. Setzt nach langanhaltendem Frost das Tauwetter ein und die großen Schollen beginnen zu brechen, hängt es vor allem vom Wind ab, wie lang sich die Eispracht auf dem Bodden hält.
Dreht der Wind auf Südwest, kann es passieren, dass innerhalb von wenigen Tagen der gesamte Bodden wieder eisfrei wird. Dann trieb der Wind die Schollen an der Insel Ruden und der Greifswalder Oie vorbei auf die offene Ostsee.
Auf der anderen Seite kann der Wind natürlich auch Eis in den Bodden von der Ostseeseite hineindrücken. Irgendwo muss das Eis dann ja hin und beginnt sich an den Ufern aufzutürmen. Zum Teil stapelt sich das Eis mehrere Meter hoch!
Wie es im Kleinen aussieht, wenn sich die Schollen in Bewegung setzen, kannst du dir hier anschauen.
Vielen Dank für die informative und hübsche Beschreibung mit ansprechenden Fotos! Ich freue mich bereits auf eine Tour nach dem Winter.